Bilanzmodernisierungsgesetz
Das deutsche Bilanzrecht soll einen internationalen Zuschnitt erhalten. Mit dem Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) hat der Gesetzgeber die umfassendste Änderung des Handelsgesetzbuches (HGB) seit mehr als 20 Jahren in Angriff genommen. Was kommt auf die Unternehmen zu und wie stehen die Unternehmer zu den geplanten Änderungen? Diese Fragen wurden Anfang Oktober 2008 in einer IHK-Vortragsveranstaltung mit Podiumsdiskussion aufgegriffen. In der Veranstaltung, die unter wesentlicher Mitwirkung des IHK-Steuerausschusses durchgeführt wurde, übten die Teilnehmer deutliche Kritik an diesem Gesetzesvorhaben.
In seiner Begrüßung ging IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Moser auf die aktuellen Ereignisse auf den Finanzmärkten ein. Zahlreiche Änderungen der internationalen Rechnungslegung (IFRS) nach den Bilanzskandalen um den Energiekonzern Enron und andere konnten die Finanzkrise nicht verhindern. Ist die Annäherung des bewährten deutschen Bilanzrechts an die IFRS tatsächlich ein Fortschritt für den deutschen Mittelstand? Dr. Peter Oser (Ernst & Young AG) stellte zu Beginn seines Vortrages das Ziel des Gesetzgebers dar: Um zu verhindern, dass die IFRS mittelfristig auch für kleine und mittlere Unternehmen angewandt werden müssen, soll das HGB zu einer dauerhaften und kostengünstigeren Alternative zu den IFRS entwickelt werden. Die Grundkonzeption des BilMoG zielt dabei auf mehr Information über das Unternehmen. Dies erfordert aber eine Abkehr vom „Vorsichtsprinzip“, das bisher für das deutsche Bilanzrecht beherrschend war. Die Veränderungen der HGB – Bilanz sollen dabei steuerneutral umgesetzt werden. Auf der Aktivseite der Bilanz werden nun „Selbst geschaffene Immaterielle Wirtschaftsgüter“ angesetzt. Auch künftige Steuersparnisse auf Grund eines bestehenden Verlustvortrages sollen bewertet und als Vermögenswert ausgewiesen werden. Auf der Passivseite sind bei der Bewertung der Rückstellungen künftige Kostensteigerungen bereits zu berücksichtigen. Andererseits müssen die finanziellen Verpflichtungen jährlich abgezinst werden. Deutliche Erhöhungen sind bei den Pensionsrückstellungen zu erwarten. Denn diese sind realitätsnah unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenserwartung und mit einem geringeren Abzinssungsatz zu berechnen.
Deutliche Kritik
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, die vom Steuerausschussvorsitzenden Josef Helmer (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) geleitet wurde, sparten nicht mit Kritik an dem Vorhaben. Günter Rosenthal, Geschäftsführer der mittelständischen Paradair Klimagerätebau GmbH & Co.KG aus Lorch sieht überhaupt keine Notwendigkeit zur gesetzlichen Neuregelung. Adressaten der Bilanz des Mittelständlers seien das Finanzamt und die Banken. Für Steuerzwecke soll es ohnehin beim bisherigen Recht bleiben. Auch die Banken würden Bilanzposten wie „Selbstgeschaffene Immaterielle Wirtschaftsgüter“ oder „Aktivierte künftige Steuerersparnisse auf einen Verlustvortrag“ doch nicht als Vermögenswerte des Unternehmens anerkennen. Dies wurde von Otto Häcker, Vorstand der Kreissparkasse Heidenheim bestätigt. Man werde dazu neigen, solche Posten mit dem Eigenkapital des Unternehmens zu verrechnen. Eine Bewertung dieser Wertansätze als Kreditsicherheit sei kaum möglich. Dr. Christa Wamsler, Leiterin Bilanzen und Steuern bei ZF Lenksysteme, muss sich bereits mit dem IRFS auseinandersetzen Auch sie sieht die Teil-Annäherung des HGB an die IRFS nicht für erforderlich an. Denn diese Teillösung erspare es ihrem Unternehmen nicht, drei Bilanzen erstellen zu müssen: IRFS – HGB – Steuerbilanz. Insofern ist für sie der in der Gesetzesbegründung angeführte Vereinfachungseffekt nicht erkennbar. Helmer bemängelt den deutlichen Mehraufwand der Unternehmen bei der Bilanzierung. Die bisher in ca. 85 Prozent der Unternehmen aufgestellte Einheitsbilanz nach Handels – und Steuerrecht wird es künftig wegen zahlreicher Abweichungen kaum noch geben. Der IHK-Steuerausschuss wird seine Kritik über den DIHK in das weitere Gesetzgebungsverfahren einbringen.
Foto: IHK
BU: In der Podiumsdiskussion starke Kritik an den geplanten Änderungen geübt (v.l.): Günter Rosenthal, Dr. Christa Wamsler, Josef Helmer, Otto Häcker und Dr. Peter Oser.